• Um frei zu sein, müssen wir lernen, wie man loslässt.

„Familienentfremdung“ kann in vielerlei Hinsicht definiert werden. Weil es so weit verbreitet und es so schwer ist darüber zu sprechen, haben einige es als stille Epidemie bezeichnet. Es ist nach wie vor ein tabuisiertes, emotional äußerst belastendes Thema.

Es tut weh. Es trifft uns mitten ins Herz. Die Betroffenen sind nicht darauf vorbereitet, haben in keiner Weise jemals in Betracht gezogen, dass das passieren kann. Wenn wir eine Familie gründen sind wir fest entschlossen unser Bestes zu geben.

„Eine Familie hält zusammen“. Das ist es, was unserer Vorstellung von Familie entspricht. Das ist das Bild, das wir leben wollen.

Was aber, wenn ein Familienmitglied plötzlich den Kontakt abbricht und stumm kommuniziert, dass etwas nicht zu seinem Besten gelaufen ist?

Was, wenn diese Annahme das einzige ist, was wir zu verstehen meinen?

Was tun, wenn unsere bisherigen Strategien zur Konfliktlösung versagen? Weil Kommunikation, bzw. nicht einmal Erreichbarkeit, nicht möglich ist? Weil ein Konflikt gar nie offensichtlich war?

Die Betroffenen sprechen oft viele Jahre nicht darüber. Zu groß ist der Schmerz, die Scham, oft auch das Schuldgefühl. Erleichterung bringt erst das Gespräch mit anderen Betroffenen, die Erkenntnis mit diesem Schmerz nicht allein zu sein. Nun erst besteht die Chance sich zu öffnen und Wege zu finden mit der Belastung umzugehen.

Vieles relativiert und heilt die Zeit – wenn wir die Chance dazu wahrnehmen. Eine Entfremdung muss nicht dauerhaft, langlebig sein oder gar einen völligen Mangel an Kontakt bedeuten.

  • Was mache ich mit der großen Frage nach dem „Warum“?
  • Wie gehe ich um mit meiner Rolle als Elternteil, Großeltern, Schwester, Onkel…?
  • Wer möchte ich sein, wenn wieder ein Kontakt zustande kommt?
  • Welche Erwartungen habe ich?

…wir dürfen die Zeit nützen.


Verlassene Eltern

Um dir selbst zu helfen, musst du Du selber sein. Sei der Beste, der du sein kannst.

Am schlimmsten scheint der Schmerz, wenn es die eigenen Kinder sind, die plötzlich den Kontakt zu den Eltern abbrechen. Oft sind auch Geschwister, Onkeln, Tanten, Familienfreunde vom Kontaktabbruch betroffen, die nicht weniger leiden. Es gibt auch Eltern, die ihre Kinder verlassen. Und auch sie haben Gründe. Auch sie können nicht darüber sprechen.

Zu groß scheint, was hier geschieht. Tatsächlich ist es die Liebe, die diese Situation wohl so unaussprechlich macht. Selten stellt sich eine Situation als emotional so ambivalent heraus.

Die Familiengeschichten sind individuell verschieden, dennoch gibt es Ähnlichkeiten was den Kontaktabbruch betrifft.

Wenn ihre Kinder Kinder haben, verlieren auch Großeltern den Kontakt zu Enkelkindern, und das bedeutet ein doppeltes Herzleiden.

Es ist klar, dass niemand zu Kontakt gezwungen werden kann. Doch Du kannst Strategien entwickeln, um mit dem Schmerz umzugehen. Du kannst auch mutig weiterarbeiten und Dir selbst viele Fragen stellen. Manche davon wirst Du Dir beantworten können, manche Antworten wirst Du nicht hören wollen. Bis Du erahnst, warum Du das tust: Für unsere Kinder, denen wir immer noch Eltern sind.

Wir wissen doch schon lange: Besser als alles Reden ist es vorzuleben. Eines Tages, vielleicht, werden sie brauchen, was wir bewältigt haben.

„Be the Change, you wish to see in the world“

Mahatma Gandhi

Kontaktabbruch

Das wichtigste an Kommunikation ist, zu hören, was nicht gesagt wird.

Egal ob Abbrecher oder Betroffener. Kontaktabbruch belastet beide Parteien. Gerade weil die Beziehungen so eng sind reichen Worte nicht aus, kann nicht besprochen werden, was gerade in Schieflage ist. Große Befangenheit und Ambivalenz zeichnen die Situation aus. Ganz klar, geht es doch um Liebe!

Kannst Du akzeptieren, dass es eventuell für einen Menschen notwendig ist den Kontakt abzubrechen?

Kannst Du Hoffnung und Zuversicht aufrechterhalten, dass es irgendwann wieder anders ist?

Kannst Du akzeptieren und vielleicht sogar mitfühlen, dass gerade nicht in Worte zu fassen ist, was geschieht?

Kannst Du dennoch vertrauen, dass dieser Mensch Dich liebt?

Ändert es etwas an Deiner Liebe, wenn Du den Kontakt abbrechen muss?

Kannst Du Dich in die Situation des Kontaktabbrechers | des Betroffenen einfühlen?

Willst Du es versuchen?


Gedanken

Es gibt keine Freiheit ohne gegenseitiges Verständnis.

Camus